Ist eine rein Carnivore Ernährung gesund oder ungesund?

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Beitrag überprüft und zuletzt aktualisiert am 17. November 2019

Seit längerem gibt es bereits den Trend zur ketogenen Ernährung bzw. „Low Carb Diät“. Diese lässt maximal 50 Gramm Kohlenhydrate am Tag zu, welche sowohl über tierische als auch pflanzliche Nahrungsmittel aufgenommen werden dürfen. Die Grenze von 50 Gramm besteht, damit man nicht aus der sogenannten „Ketose“ zu fallen droht. Der Körper stellt seinen Stoffwechsel in Bezug auf den Zucker je nach Nahrungsangebot automatisch um. Im ketogenen Zustand nutzt der Körper die Fettreserven sowie die Fette aus der Nahrung, um sie über den Leberstoffwechsel zu Glucose zu verarbeiten. Glucose wird von unserem Organismus, allen voran dem Gehirn unbedingt benötigt. Ein Mensch kann ohne Zuckerzufuhr d.h. tatsächlich mit Null Gramm Kohlenhydrate am Tag auskommen, da der menschliche Körper selbst in der Lage ist die benötigten Glucose Mengen zu produzieren.

Die rein Carnivore Ernährung (nur tierische Produkte) als grundlegende und absolut ketogene Ernährungsform?

In diesem Beitrag soll es um eine „extreme“ Form der Ernährung gehen, die aufgrund ihrer zur Verfügung stehenden Nahrungsmittel von Natur aus bereits automatisch ketogen ist. Es handelt sich um die sogenannte „Carnivore Ernährung“, welche ausschließlich oder zu sehr großen Teilen nur aus tierischen Lebensmitteln zusammengesetzt ist.



Ist es überhaupt gesund nur Fleisch und andere tierische Produkte zu essen?
Fakt ist, der Trend dieser Ernährungsform hält weiter an und findet immer mehr Anhänger, welche bis hin zur Roh-Carnivoren Ernährungsweisen reichen. Auch die vegane Ernährung hat ihre stärkste Ausprägung in der reinen veganen Rohkost. Roh-Karnivor bedeutet wie bei „Roh-Vegan“ ebenfalls auf rohe unter 42 Grad Celsius erhitzte Lebensmittel zu setzen, jedoch statt auf pflanzliche Nahrung eben auf Fleisch, Eier, Milch, Käse und Fisch im Rohzustand zurückzugreifen. Im Extremfall betrifft dies sogar im Rohzustand sehr kritische Lebensmittel wie rohes Hühnchen, Hack oder Organe. Diverse Lebensmittelvergiftungen bei derart empfindlichen Speisen sind daher nicht auszuschließen und wesentlich wahrscheinlicher als bei entsprechend gekochter tierischer Nahrung.

Kann man sich wirklich ausschließlich nur von Fleisch und anderen tierischen Produkten ernähren ohne dabei krank zu werden?

Wer sich durchschnittlich „Low Carb“ ernähren will, der muss zunächst nicht auf jegliches Obst und schon gar nicht auf die meisten Gemüsesorten verzichten. Man kann sich ausgezeichnet und abwechslungsreich ketogen ernähren. Es gibt wirklich vorzüglich schmeckende und vor allem gesunde Lebensmittel, um den Zustand der Ketose ohne Anstrengung und großen Verzicht aufrecht zu erhalten. Ich habe hier ein paar Beispiele solcher Low Carb Lebensmittel zusammengefasst. Ob die Low Carb Ernährung und die Ketose gesundheitliche Vorteile haben kann, findet ihr zudem ausführlich unter diesem Artikel: „Low Carb als grundsätzliche Ernährungsform“. In jetzigen Fall geht es aber um die rein Carnivore Ernährung.

Da stellen sich drei Fragen gleich zu Beginn:

  1. Funktioniert „Carnivore Only“ überhaupt?
  2. Ist der ausschließliche Konsum tierischer Produkte auf Dauer nicht sehr ungesund?
  3. Gibt es langfristige Beispiele und entsprechende Gesundheitsdaten für rein karnivor lebende Völker?

Nur Fleisch und tierische Produkte essen, funktioniert das?

Es ist bei gesunden Menschen problemlos möglich den natürlichen Ketose-Zustand zu erreichen, den der menschliche Körper bei ausbleiben Kohlenhydratmengen ohne weiteres Zutun von selbst nach einigen Tagen einstellt.
Statt extern zugeführte Glucose zu verbrauchen, wird eigenes sowie zugeführtes Fett in Glucose umgewandelt und somit selbst produziert. Dies veranschaulicht auch gut die leicht verständliche Infografik auf dieser Seite zum Thema ketogene Ernährung. Man kann mit Null Gramm Kohlenhydrate am Tag sehr lange und auch gesund leben, somit also auch mit einer rein tierischen Ernährung. Das klärt aber noch nicht die anderen gesundheitlichen Risiken, sondern nur rein die Möglichkeit ob eine rein tierische Ernährungsform überhaupt über längere Zeit umsetzbar ist. Die Antwort auf die Frage und somit ob es funktioniert lautet also ganz klar „Ja“

Macht eine rein Carnivore Ernährungsweise auf Dauer krank?

„Zu viel Fleisch macht krank… Zu viele gesättigte Fettsäuren machen das Herz kaputt, die Arterien dicht, erhöhen das Schlaganfallrisiko und verursachen Übergewicht. Rotes Fleisch macht krebs und das Cholesterin z.B. durch Eier macht ebenfalls krank.“

Diese und hunderte weiterer Aussagen in Bezug auf tierische Produkte hört man immer wieder, also müsste eine rein karnivore Ernährung doch extrem schädlich für die Gesundheit sein? Die betreffenden Personen dürften nur wenige Jahre gesund leben können. Nach bereits ein oder zwei Jahrzehnten müssten dann etliche Erkrankungen auftreten und eine sehr kurze Lebenserwartung das Resultat sein?

Das Problem an dieser Einschätzung ist jedoch, dass es nahezu keine rein carnivor lebenden Naturvölker auf diesem Planeten gibt, die bereits ausreichend Datenmaterial diesbezüglich geliefert haben. Zudem ist die Definitiion des latainischen Wortes „carnivore“ diesbezüglich schon problematisch. „Carni“ und „vore“ bedeutet so viel wie „Fleisch verschlingen“ und bezeichnet eine Ernährung welche hauptsächlich oder ausschließlich aus tierischem Gewebe besteht. Ist Milch somit Carnivor oder Käse und Butter? Eier wiederum sind aus lebendigem tierischem Zellgewebe bestehend, unbefruchtet aber nicht. Sind die dann noch Carnivor? Kann das jemand korrekt und wissenschaftlich definiert unter den Kommentaren klären? Wenn Carnivor tatsächlich nur Fleisch und Fisch bedeutet, dann sind die Eskimos eine ganz seltene Ausnahme.


Reale Beispiele von größtenteils karnivor lebenden „Naturvölker“.

  • Die Inuit (mehr unter dem Namen Eskimos bekannt), leben zu 100 Prozent carnivor und unter extremen Umweltbedingungen. Ihre Lebenserwartung ist nicht sonderlich hoch. Im Durchschnitt liegt sie gerade Mal bei maximal 45-48 Jahren, wenn sie „natürlich“ leben. Einige Quellen im Netz bescheinigen den Inuit sogar eine Lebenserwartung von durchschnittlich unter 40 Jahren. Die hohe Kindersterblichkeit und die erhöhten Todesraten durch Infektionskrankheiten, vor allem Tuberkulose sind hier ebenfalls bereits eingerechnet. Zusätzlich haben die Inuit eine sehr früh eintretende Osteoporose-Wahrscheinlichkeit. Dies hängt neben der niedrigen Kalziumversorgung durch die Ernährung, wohl auch am Vitamin D Mangel durch die fehlende Sonneneinstrahlung auf deren Haut zusammen. Das Vitamin D Defizit kann allerdings durch den Verzehr von Fischorganen (Lebertran) wieder ausgeglichen werden.
  • Ganz im Gegensatz dazu leben die afrikanischen Massai im warmen Kenia im Durchschnitt länger, sie nehmen über 90 Prozent ihrer Nahrung aus rein tierischen Quellen auf. Gegessen wird vor allem Fleisch, Organe, Milch und Blut der Tiere. Sie haben eine extrem hohe Zufuhr an Cholesterin und gesättigten Fettsäuren. Bereits frühere Studien brachten zu tage, dass die Massai zwar tatsächlich wie erwartet sehr hohe Plaque Belastungen in ihren Arterien aufwiesen, diese jedoch durch ihren enormen täglichen Bewegungsdrang und die dadurch aufgebaute Flexibilität der Arterienwände keine Schäden hinterließen. Kardiovaskulären Erkrankungen (Herz/Kreislauf) waren trotz dieser extremen Ernährung entgegen den Erwartungen nicht signifikant erhöht gewesen.

Was können wir nun daraus lernen?

Nimmt man die beiden Spezialfälle Inuit und Massai, die wohlgemerkt nicht nur das Muskelfleisch, sondern auch alle Organe inklusive Leber, Herz, Gehirn oder auch die Nieren mitverspeisen, erkennt man das deren Lebenserwartung auf den ersten Blick nicht besonders hoch ist. Die Massai werden im Durchschnitt etwas älter als die Inuit. Man muss jedoch die fehlende Gesundheitsversorgung und die hohe Kindersterblichkeit mit Einrechnen, von denen beide Volksgruppen erheblich betroffen sind. Es gibt also auch deutlich ältere Personen unter beiden Naturvölkern und dass trotz dieser aus aktueller ernährungswissenschaftlicher Sicht katastrophalen Ernährung. Carnivor zu leben ist also machbar, ob es gesund ist steht auf einem ganz anderen Blatt, insbesondere wenn man die Lebenserwartung mit anderen omnivor Lebenden Völkern vergleicht.

Noch ungesünder ist aber sicher die westliche Trendform der rein karnivore Ernährung die sehr häufig hauptsächlich auf Muskelfleisch setzt und gepaart mit einer wesentlich bewegungsärmeren Lebensweise ist. Einfach nur rein verschiedenes weißes und rotes Muskelfleisch mit Eiern, Fisch, Käse, Milch und Butter zu ergänzen ist sicher langfristig nicht gut für die Gesundheit. Zudem ist der benötigte Bewegungsaufwand, um die vielen gesättigten Fettsäuren zu verwerten und den Körper zu trainieren enorm hoch und schlichtweg nicht durchführbar, wenn man „normal“ in die Gesellschaft mit einem gewöhnlichen Arbeitsplatz integriert ist. Wer rennt bei uns schon jeden Tag so viel Kilometer wie ein Massai durch die Steppe oder geht bei eiskaltem Wetter wie die Inuit auf anstrengende Robbenjagd? Nur Muskelfleisch enthält zudem weit weniger Nährstoffe als die Organe der Tiere. Diese fehlen jedoch im überwiegenden Teil der rein karnivoren westlichen Ernährungsstile.

Ein absolut rein Karnivore Ernährung ist also sowohl aus wissenschaftlich als auch geschichtlicher Sicht in Bezug auf die Ernährung wesentlich länger lebender Völker nicht sinnvoll und definitiv eher schädlich als zuträglich für die Gesundheit.
Man kann bis zu einem gewissen Grad auch viele gesättigte Fettsäuren zu sich nehmen, wenn man in der Lage ist diese auch zu verbrauchen. Ansonsten gibt es zahlreiche Studien die eindeutig belegen, was eine Übertreibung hinsichtlich dieser Ernährungsart im Körper vor allem langfristig gepaart mit Bewegungsmangel anrichten kann. Umgekehrt ist es jedoch auch nicht möglich sich ohne Nahrungsergänzung langfristig vegan zu ernähren. Es gibt auf der Welt kein einziges veganes Volk, im Gegenzug gibt es jedoch auch nur sehr wenige rein karnivor lebende Völker. Durchgesetzt hat sich die omnivore Ernährungsweise (Der Allesesser). Nimmt man wesentlich länger lebende Menschen z.B. aus Okinawa, Vilcabambaoder oder Campodimele, dann sind dieser sehr langlebigen Menschen alle und ausnahmslos omnivor. Diese Völker haben auch gemeinsam, dass ihre Nahrung möglichst naturbelassen bleibt, sie sich sehr viel bewegen und sich entsprechende Ruhepausen und soziale Kontakte in großem Maße gönnen. Sie leben lange, obwohl einige von ihnen große Mengen an gesättigten Fettsäuren zu sich nehmen und auch nicht wenige tierischen Nahrungsmitteln verzehren. Bei anderen Völkern wiederum wie z.B. dem Volk der Hunzas in Pakistan, wird die Lebenserwartung allerdings häufig als völlig übertrieben hoch darstellt, selbst wenn man die Kindersterblichkeitsrate herausrechnet. Die Wahrheit liegt sogar bei einer eher unterdurchschnittlichen Lebenserwartung im Vergleich zum Rest der Weltbevölkerung.

Fazit:


Eine rein Carnivore Ernährung nach den gängigen westlichen Trendvorbildern ist weder gesundheitlich, noch in Bezug auf die Lebenserwartung empfehlenswert. Ketogen kann man auch wunderbar als Allesesser mit ordentlichem pflanzlichem Anteil leben, selbst als Vegetarier oder im Extremfall auch als veganer mit entsprechenden Supplementen (B12, ggf. Eisen) ist dies möglich. Rein Karnivor oder sogar ausschließlich rein Roh-Karnivor finde ich als Ernährungsform persönlich absolut nicht empfehlenswert, es ist ungesund und passt auch nicht zu unserem kulturellen und vor allem im Vergleich zu den Naturvölkern eher bewegungsarmen Kontext. Selbst bei einem hohen Anteil an hochwertigen tierischen Lebensmitteln zusammen mit viel Gemüse und etwas Obst sieht das gesundheitlich schon wieder ganz anders und wesentlich positiver aus.

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Autor: Marco Eitelmann

Mein Name ist Marco Eitelmann und ich schreibe hier seit Gründung dieser Webseite im Jahr 2014 hauptsächlich über die Themen: Gesundheit, Ernährung sowie Natur- und Umwelt. Mein Wissen in diesen Bereichen stammt aus meiner inzwischen fast 20 jährigen Berufserfahrung im Lebensmittelhandel und der Nahrungsmittelproduktion und durch ständige Fortbildung im Ressort Ernährung sowie der ausgiebigen Lektüre von mittlerweile weit über 200 Fachbüchern aus den Bereichen Medizin und Naturwissen.

1 Gedanke zu „Ist eine rein Carnivore Ernährung gesund oder ungesund?“

  1. Ich möchte ergänzen, dass es für einige Menschen mit Autoimmunerkrankungen durchaus sinnvoll sein kann sich mit dieser Ernährungsform einmal zu beschäftigen. Man kann die Carnivore Diät nämlich auch als Ausschlußdiät bzw. Eliminierungsdiät durchführen. Mikhaila Peterson hat es populär gemacht, aber es gibt etliche andere die es schon viel länger machen. Ich selbst habe Mitte August gestartet und fühle mich sehr wohl bislang. Mein Beweggrund: Verddauungsbeschwerde, mentale und körperliche Verfassung. Einstige Diagnose Crohn habe ich bereits mit diversen anderen Maßnahmen (Fasten, elemantare Diät, low Fodmap Ernährung uvm.) unter Kontrolle gebracht. Ich nehme keine Medikamente und befinde mich in Remission. Trotzdem machten mir immer mehr Gemüsesorten Probleme. Oxalate oder auch Oxalsäure könnten der Grund sein. Ich werde jedenfalls solang Carnivore essen wie es mir gut tut. (kein Schwein, Keine Kuhmilch)
    Aktuell gibt es bei mir zu 80% Rind, sowie Lamm, Putenleber, Lachs, Sardinen, Knochenbrühe, Eigelb, Ghee, selten Ziegen- oder Schafskäse, und auch noch 99% Schokolade, sowie Kaffee und Tee.

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